Wenn du irgendetwas über Bonnard weißt, dann weißt du vermutlich, dass er ein Spätimpressionist war, der, zusammen mit Édouard Vuillard, Maurice Denis und anderen, eine esoterische Gruppe in den frühen 1890ern gründete, die sich Les Nabis (Die Propheten) nannte. Ihre Arbeit hatte eine starke Art-Nouveau-Linie – Zeichnen auf Natur, Postergrafik, betont dekorativ und gedämpft in den Farben. „Nackte Frau im Schlafzimmer“ ist eine großartige, fast abstrakte Komposition – azurne und türkisene Rechtecke gegen Schatten von bernsteinfarben und rubinrot – in der ein Türrahmen feinsäuberlich eine weibliche Figur durchschneidet, dabei eine harte, gerade Kante auf einer Seite des Körpers schaffend, im Kontrast zu dem üppig-sinnlichen Umriss auf der anderen Seite. Diese kompositionellen Entscheidungen sind nicht bloß formbezogene Tricks, sondern sie haben eine erzählende, fast romanhafte Kraft an sich. Es ist unmöglich zu erraten, was die genaue Geschichte wohl sein mag; doch das Bild der Nackten im Türrahmen hat ein Potential, das eine umfassende Beschreibung nicht hätte. Erreichen wir einen Höhepunkt? Ist sie bloß nebensächlich, unserer ungeteilten Aufmerksamkeit nicht würdig? Macht sie sich für uns zurecht, oder trotz unserer Anwesenheit?
Viele gute Fragen!