Alte Violine by William Harnett - 1886 National Gallery of Art Alte Violine by William Harnett - 1886 National Gallery of Art

Alte Violine

Öl auf Leinwand •
  • William Harnett - 10. August 1848 - 29. Oktober 1892 William Harnett 1886

Es mag überraschen, dass ein Stillleben einer Violine und eines Bogens einen Aufstand auslösen kann, aber das ist genau das, was beinahe passiert wäre, als die Alte Violine von William Harnett in der "Cincinnati Industrial Exposition" 1886 ausgestellt wurde. Harnett war ein ein Meister des "trompe l'oeil" (Französisch für "das Auge täuschen"), ein Stil des Stilllebens in dem gewöhnliche Objekte mit einem so exquisiten Realismus abgebildet werden, dass die Betrachter getäuscht werden und die Objekte für real halten. Die Polizei musste anrücken um dieses Gemälde, das berühmteste von Harnetts Werken, vor der leidenschaftlichen Menge zu schützen, die die Violine oder den Bogen entwenden oder nach dem Brief greifen wollten!

Harnett wurde während der großen Hungersnot in County Cork, Irland, geboren und emigrierte als Kind mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten. Als junger Mann verdiente er seinen Lebensunterhalt als Silbergravierer während er einige Schulen für Kunst und Design besuchte. Mit 26 fertigte er sein erstes Ölgemälde (Farbtube und Weintrauben) und ein Jahr später gab er seinen Job als Gravierer auf und begann seine Werke auszustellen. Während einer verlängerten Studienreise nach Europa wurde er zutiefst von den Fotos des Franzosen  Adolphe Braun beeinflusst, die erlegtes Wild, Jagdinstrumente und Hörner zeigten, die von einer texturierten Wand hingen. 

Der Schlüssel für ein erfolgreiches "trompe l'oeil- Gemälde" ist es die Objekte in Lebnsgröße darzustellen, sodass sie die gesamte Leinwand ausfüllen und nicht auch nur die Spur eines Pinselstrichs zu hinterlassen. Harnett entwickelte mühevolle Maltechniken speziell für jedes einzelne Objekt um den größtmöglichen Realismus zu erreichen. Im Gegensatz zu anderen Stillleben mit Früchten und Bumen, erwecken Harnetts Bilder einen speziellen maskulinen Eindruck durch die dunklere Farbpalette und Objekte wie Pfeifen, Bücher und Schreibinstrumente. Statt die Objekte auf einem Tisch zu arrangieren, wählt er oft eine vertikale Orientierung indem er sie von einer grob geschnitzten Tür hängen lässt. Die Objekte die Harnett malte sind nicht glänzend, opulent oder neu; stattdessen handelt es sich um abgenutze, alltägliche Dinge.

In den 1880ern entstand in den Vereinigten Staaten ein Gefühl der Nostalgie als Antwort auf die industrielle Revolution und die Verfügbarkeit von maschinell hergestellter Massenware. Das Tempo des Lebens veränderte sich und rief ein Sehnen nach einfacheren Zeiten hervor. Harnett gelang es meisterlich die Essenz dessen einzufangen mit Gemälden von abgenutzten Pfeifen, ramponierten Zeitungen und rostigen Hufeisen. Seine Gemälde wurden, trotz ihrer Berühmtheit, hauptsächlich in Tavernen, Banken und Hotellobbys ausgestellt, da sie nicht als "höhere Kunst" eingestuft wurden.

- Martina