Charles Meryon
Charles Meryon (1821-1868) bestieg die Türme von Notre-Dame de Paris, um diese Aussicht während eines Zeitraums der Restaurierung und Renovierung einzufangen. Zwischen 1843 und 1864 plante und beaufsichtigte Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc (1814-1879) umfangreiche Arbeiten zur Rettung der verfallenden Kathedrale. Mit seinem Werk schuf er das Notre-Dame, wie wir es bis zum Brand im vergangenen Jahr (2019) kannten.
Das Projekt umfasste vierundfünfzig monströse Statuen, häufig "Chimären" genannt, die Viollet-le-Duc für die beiden Türme der Kathedrale entwarf. Die von Meryon dargestellte spezielle Schimäre ist die berühmteste geworden. Diese Groteske mit Kultcharakter hält den Kopf in den Händen und streckt die Zunge heraus, während sie auf Paris herabschaut. Meryons Radierung wurde schnell populär, und hat wahrscheinlich dazu beigetragen, sie zu einem weltweiten Symbol Notre-Dames und von Paris im Allgemeinen zu machen.
Meryons Radierung zeigt die berühmte Schimäre, die er "le Stryge" (der Vampir) nannte, in ovalem Ausschnitt mit einem sich neben ihr entfaltenden Paris und dem Tour Saint-Jacques im Hintergrund. Dunkle, das Bild umkreisende, Vögel, verleihen der Komposition eine unheimliche Stimmung.
Dieser Druck existiert in zehn Ausführungen (Versionen), alle leicht von einander abweichend. Diese Version aus dem Art Institute of Chicago ist ein Beispiel für der fünften Ausführung, und sie enthält Meryons zwei Verszeilen über die Figur. "Insatiable vampire l'éternelle Luxure; Sur la Grande Cité convoite sa pâture". Auf Deutsch heißt das: "Unersättlicher Vampir, ewige Begierde; über der großen Stadt, nach seiner Nahrung verlangend".
Text von Alexandra Kiely
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