Die Ernte

Wir fahren mit unserer monatlichen Partnerschaft mit dem Museo Blaisten mit diesem wunderbaren Beispiel mexikanischer Kunst fort. : ) Viel Spaß!

Die Ernte ist ein sehr frühes Gemälde von Herrán, der aus dem Bundesstaat Aguascalientes stammte. Es entstand in jener Zeit,  in der er gerade sein Studium an der nationalen Kunstakademie (Academia de San Carlos) abschloss und noch nach seinem eigenen, persönlichen Stil suchte. Die Komposition folgt ganz offen einer dekorativen Absicht, eine Idee, die Germán Gedovius Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem Kurs Farbe und Komposition unter den Studenten der Academia de San Carlos verbreitete. Die Schilderung bricht mit der vorgegebenen Ästhetik der Zeit, indem sie mit der Erwartung von Klarheit und Hierarchie spielt, die der traditionellen akademischen Malweise zugrunde lagen: Sie bringt offensichtlich unzusammenhängende Motive in einer einzigen Komposition zusammen. Die Frau trägt keinen Essenskorb, der auf eine Essenspause in der Speisehütte hinweisen könnte oder die Schlussfolgerung zulässt, dass Arbeit eine Aktivität ist, die für die Ernährung der Familie notwendig ist. In diesem Sinne wäre es naheliegend, Die Ernte (La Cosecha, 1909) mit dem Gemälde Arbeit (La Labor, 1908) zu vergleichen, dem ersten von Herráns Bildern, das die eben angesprochenen Folgerungen unterstützt. Zudem ruft  Die Ernte dieses Bild schnell in Erinnerung, obgleich die Gesichtszüge der Bauern sich hier ziemlich gleichen, was nicht mit dem übereinstimmt, was eines der wichtigsten Merkmale des gereiften Herrán werden sollte.

Die unverkennbare Qualität des Gemäldes (qua Farbe, Licht und Struktur) verrät den starken Einfluss des in Belgien geborenen Malers Frank Brangwyn (1867–1956). Seine Arbeiten konnten in der Bibliothek der Akademie als dreifarbige Druckreproduktionen studiert werden, was Herrán und auch Diego Rivera bekanntlich getan haben.

P.S.: Hier sind die fünf schönsten Erntedarstellungen in der Kunst. <3