Bildnis einer jungen Dame by Petrus Christus - ca. 1470 - 29,1 × 22,7 cm Rijksmuseum Bildnis einer jungen Dame by Petrus Christus - ca. 1470 - 29,1 × 22,7 cm Rijksmuseum

Bildnis einer jungen Dame

Öl auf Holz • 29,1 × 22,7 cm
  • Petrus Christus - ca. 1410/1420 - 1475/1476 Petrus Christus ca. 1470

Gestern haben wir ein venezianisches Renaissance-Porträt besprochen; heute bewegen wir uns in den Norden! Noch bis zum 16. Januar 2022 stellt das Rijksmuseum 100 Renaissance-Porträts aus, von Dürer bis Sofonisba, in der Ausstellung Remember Me. Porträts von Dürer bis Sofonisba. Heute zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem Museum diesen wunderbaren Petrus Christus aus der Sammlung der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, der in Amsterdam ausgestellt ist. Mich hat immer verblüfft, wie modern dieses Mädchen aussieht. Viel Spaß!

Petrus Christus' elegantes Porträt einer unbekannten Frau ist ein Glanzstück der flämischen Malerei. Die junge Dame ist im burgundischen Stil gekleidet, der in Frankreich und den Niederlanden um 1470 beliebt war. Ihr blaues Kleid hat einen tiefen V-Ausschnitt, der ein schwarzes Mieder freigibt. Der zeitgenössische flämische Chronist Jacques Du Clercq beschrieb das tiefe Dekolletee und die auffällige, kegelstumpfartige Kopfbedeckung als Hauptbestandteile einer neuen Mode, die 1467 aufgekommen war.

In Flandern und Italien unterschied sich die tatsächliche Ausgestaltung dieses Schönheitsideals. Die nördliche Silhouette mit dem tiefen V-Ausschnitt und der hohen Kopfbedeckung war deutlich länglicher als im Süden. Zudem waren die flämischen Maler vor allem für ihren Hyperrealismus bekannt. Dadurch ist der weiße Pelz, mit dem das Kleid von Petrus Christus' junger Frau gesäumt ist, so detailliert gemalt, dass er als Hermelin identifiziert werden kann, der Pelz einer Wieselart. Ein weiteres präzise wiedergegebenes Detail ist die winzige goldene Nadel, mit dem das durchsichtige Halstuch, der Schleier über ihrem Dekolletee, am Wams befestigt ist. Dagegen hat der Maler die Gesichtszüge der Frau stilisiert. Furchen und Falten wurden weggelassen, wodurch eine fast porzellanhafte Maske von mysteriöser Schönheit entsteht. Diese Kombination von körperlicher Vollkommenheit und Unnahbarkeit erinnert stark an die rätselhaften Frauen, die von höfischen Dichtern angebetet wurden.

Italienische Künstler und Kunstliebhaber waren von der nördlichen Malweise fasziniert, und flämische Malerei wurde schon früh für Sammlungen gesucht. Das Inventar von 1492 des florentinischen Herrschers Lorenzo de' Medici führt „einen Kopf einer französischen Dame in Öl gemalt” von Petrus Christus. Es ist verlockend, diesen Eintrag als das hier beschriebene Bild zu identifizieren, das einzige erhaltene Frauenporträt von Christus. Es zeigt eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Bildnis von Ginevra de' Benci, dem frühesten Porträt von Leonardo da Vinci, der ganz sicher Zugang zur Sammlung der Medici hatte. Die Frauen haben einen ähnlichen Mund und den gleichen Blick und abwesenden Ausdruck. Aber es gibt keinen Beleg dafür, dass dieses Gemälde von Petrus Christus sich in Florenz befand. Da er für seine starke Idealisierung von Frauen berühmt war, besteht eine ziemlich große Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein anderes Porträt mit ähnlichen Zügen handelte, das inzwischen verloren ist.

P.S. Hier könnt ihr mehr über die faszinierendsten Porträts der Ausstellung Remember Me im Rijksmuseum lesen! Schaut sie euch unbedingt an!