Wilhelm Leibl
Dieses überraschende Bild einer Hand ist ein Fragment des Gemäldes Mädchen mit der Nelke, das 1880 von Wilhelm Leibl – einem realistischen deutschen Maler, der vor allem Porträts und Szenen aus dem bäuerlichen Leben abbildete – gemalt und später zerschnitten wurde. Drei andere erhaltene Stücke, die die linke Hand des Mädchens, ihren Kopf und einen Teil ihres Mieders zeigen, machen die Rekonstruktion des Gemäldes möglich. Das Mädchen wurde von vorne als stehende Drei-Viertel-Figur abgebildet. In der rechten Hand hielt sie eine Nelke vor der Schürze ihrer Tracht, die linke hing locker hinab, während ihr Arm auf die Lehne eines Stuhls gestützt war.
Warum zerschnitt Leibl das Bild? Grund dafür war die Art, wie er malte. Meistens startete er frei, ohne Vorzeichnung und platzierte eine Farbe neben der anderen. Dabei behielt er immer die Gesamtwirkung im Kopf. Bei dieser Art realistisch zu malen ist das Risiko allerdings hoch, dass einzelne Bildelemente zu viel Eigenbedeutung erlangen und sich nicht mehr im Bild als Ganzes einordnen, wodurch die Komposition zu zerfallen droht. Beim Nelkenmädchen war das der Fall: Leibl, der auf die mikroskopisch genaue Darstellung von Details fokussiert war, verlor das perspektivische Verhältnis aus dem Auge und hielt sich daher nicht an Proportionen. Seine Gewissenhaftigkeit erlaubte es ihm nicht, das Gemälde zu erhalten, also teilte er es in Einzelteile auf, dessen Existenz als eigenständige Kunstwerke für ihre große malerische Qualität spricht.
Das heutige Werk zeigen wir in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.
PS: Wo wir schon bei Körperteilen in der Kunst sind – schaut euch diese winzige Brosche an, die allein das Auge eines Modells zeigt. :O
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