Rolla by Henri Gervex - 1878 - 175 x 220 cm Musée d'Orsay Rolla by Henri Gervex - 1878 - 175 x 220 cm Musée d'Orsay

Rolla

Öl auf Leinwand • 175 x 220 cm
  • Henri Gervex - 10. Dezember 1852 - 7. Juni 1929 Henri Gervex 1878

Im Frühjahr 1878, ein Monat vor der Eröffnung des Salons, wurde Rolla durch die Leitung der Beaux-Arts gnadenlos von der Veranstaltung ausgeschlossen, obwohl Henri Gervex ein renommierter Maler war. Mit gerade 26 Jahren hatte Gervex bereits eine Medaille im Salon erhalten. Diesmal entschieden die Behörden anders, da sie die Szene in Rolla als “unmoralisch” beurteilten. 

Gervex fand die Inspiration dazu in einem langen Gedicht, das 1833 von Alfred de Musset (1810-1857) veröffentlicht worden war. Der Text berichtet vom Schicksal eines jungen Bourgeois, Jacques Rolla, der einem Leben des Müßiggangs und Ausschweifung verfällt. Er trifft Marie, eine Teenagerin, die in der Prostitution einen Ausweg aus dem Elend gefunden hatte. Rolla wird hier ruiniert am Fenster gezeigt, sein Blick ist auf das schlafende Mädchen gerichtet. Er ist kurz davor, mit Gift Selbstmord zu begehen.

Dass die Szene als anstößig gesehen wurde, lag nicht an Maries Nacktheit (die nicht von den kanonischen Akten der Zeit abweicht). Zeitgenossen richteten ihre Aufmerksamkeit eher auf das Stillleben, das aus einem Kleid, einem Strumpfband und einem hastig geöffneten Korsett bestand, das von einem Zylinder bedeckt ist. Gervex wurde möglicherweise von Edgar Degas geraten, "ein Korsett auf den Boden" zu legen, damit der Betrachter weiß, dass diese Frau "kein Modell ist." In der Tat zeigen diese Anordnung und die Art der Kleidung deutlich Maries Einverständnis und ihren Status als Prostituierte. Darüber hinaus dient der Gehstock, der unter der Kleidung zum Vorschein kommt, als Metapher für sexuelle Handlungen.