Wappenbanner

Ein langes Banner mit heraldischen Wappen hängt von einer mittelalterlichen Burgmauer herab. Allerdings stammen die "Wappen" von den Abdrücken ganz und gar nicht mittelalterlicher Radkappen. Dabei benötigte die in Amsterdam ansässige Künstlerin und Kunsthistorikerin Lies de Wolf weder Tinte noch Farbe, um diese intelligenten und ironischen Banner herzustellen: Luftverschmutzung übernahm das für sie.

Diese spezifischen Wappenbanner wurden für Pensées Sauvages V, die fünfte biennale, internationale Kunstausstellung im Pariser Vorort Dourdan, angefertigt. Lies de Wolf ist seit der zweiten Veranstaltung mit Wild Thoughts präsent, zuletzt mit dieser Installation an einer Mauer des Innenhofs der Burg Dourdan (Juni 2018). Zurecht erhielt sie dafür breiten Zuspruch vonseiten der Besucher.

Lies de Wolf wurde im Jahr 1952 in eine Pioniersfamilie geboren, die im neuerrichteten Noord Oost Polder wohnte, nur ein Jahrzehnt nach der Trockenlegung dieses ehemaligen Meeresabschnittes. Vielleicht erklärt das, zusammen mit ihren Errungenschaften als Kunsthistorikerin, ihre Vorliebe für historische Orte. Während ihrer Ausbildung als Bildhauerin entwickelte sich ihre lebenslange Leidenschaft für alltägliche Materialien, die sie in unübliche Kontexte versetzt. Eine schmutzige Radkappe am Straßenrand zu finden veranlasste sie zu einem weiteren ihrer Wild Thoughts. Die schwarzen Ablagerungen von der Radkappe zu entfernen und sie wieder zum Glänzen zu bringen, erwies sich als unmöglich, da sich der Ruß und Staub zu sehr festgefressen hatten. Dennoch trugen die Radkappen unter dem Schmutz immer noch Symbole, die die Marke und den Status der Autos markierten, zu denen sie einmal gehört hatten. 

Die Installation an den Mauern von Burg Dourdan zeigt Parallelen auf zwischen den für kommerzielle Zwecke entworfenen Radkappen unserer Zeit und den heraldischen Abbildungen auf den Schildern, die während dem Mittelalter die Ritter schützten – und beworben.

von Johan Sturm

P.S. Erfahre hier, ob die Einhorn-Wandteppiche eine Allegorie für Christus darstellen – oder für einen glücklichen Ehemann.