Der Tod und das Mädchen by Egon Schiele - 1915 - 89.5 x 125.5 cm Österreichische Galerie Belvedere Der Tod und das Mädchen by Egon Schiele - 1915 - 89.5 x 125.5 cm Österreichische Galerie Belvedere

Der Tod und das Mädchen

Öl auf Leinwand • 89.5 x 125.5 cm
  • Egon Schiele - 12. Juni 1890 - 31. Oktober 1918 Egon Schiele 1915

Die lange, ansteigende Kurve des Rückens des Mannes scheint die Idee des Aufstiegs einer großen geologischen Formation zu imitieren. Dieser Rücken ist die Welt in ihrer Urform. Die beiden schweben, vollkommen verbunden und einsam miteinander, über diesen Hügeln auf diesem weißen Stoffstreifen, als wäre dies ein Traum von dem, was ihnen widerfährt. Ist das ein tragisches Festhalten an der einzigen Gewissheit des Lebens: dem Tod? Das Gemälde erinnert uns auch an die Umstände in Schieles Leben in diesem Moment. Er befindet sich am Vorabend seines Einzugs in die Armee. Vielleicht wird dann die Stimmung dieses Gemäldes verdorben und durch diesen Gedanken geprägt, dass er in die Arme des Todes entrückt wird. Er hat auch gerade mit großer Herzlosigkeit zwischen zwei Frauen in seinem Leben gewählt. Eine, die er geheiratet hat, die andere, ein langjähriges Modell, das er aufgegeben hat. Es ist daher eine enorme Spannung über all diesem Festhalten und Spalten. Die Figuren selbst sind reine, destillierte Essenz von Schiele: diese etwas peinliche Knochigkeit; die sich verjüngenden Finger. Schieles menschliche Knochen sehen oftmals zweigeteilt, überdehnt und oftmals sogar schlecht zusammengesetzt aus, als ob sie beim mächtigen Händeklatschen Gottes plötzlich auseinanderfallen könnten. Es gibt oft ein seltsames Zerreißen und Zappeln über die Art und Weise, in der ein Mensch sich auf einen anderen bezieht, als ob niemals etwas geregelt werden würde. Er war oft geneigt, Menschen paarweise zu malen oder zu zeichnen und sich wie Reptilien durcheinander zu winden. Nach seiner Heirat wirkte seine Porträtmalerei ruhiger, gelassener und weniger gequält. Der menschliche Körper selbst war insgesamt ein gesünderes Thema und klammerte sich weniger an das Leben wie an den Holm eines Bootes mitten im Ozean. Nicht so hier. Die Umarmung hier ist seltsamerweise unbefriedigend: Abstoßung und Umarmung in einem. Vielleicht ist es ebenso eine Frage der Notwendigkeit als des Verlangens. Niemand kann den Anspruch des Todes überleben. Schau dir am Ende das Datum an - es ist 1915, der Erste Weltkrieg ist im Gange. Na dann, ein schönes Wochenende!

 

ps. Schiele wurde von Stefan vorgeschlagen (Cheers auf dich und deine Freundin!).